Meilensteine

Skurrile Zufälle, unbeirrbare Forscher, überraschende Erkenntnisse – ohne sie ist die Geschichte der Medizin mit ihren Errungenschaften undenkbar. Ein Rückblick.




1846: DIE ENTDECKUNG DER ANÄSTHESIE

Ein Volksfest in Connecticut, Dezember 1844. Der Zahnarzt Horace Wells beobachtet, wie ein Zuschauer im Lachgasrausch über eine Kante stolpert und sich verletzt, dabei jedoch offenbar keine Schmerzen empfindet. Lachgas kannte man damals nur wegen seiner berauschenden Wirkung. Studenten inhalierten es auf Partys; auf Jahrmärkten diente es zur Belustigung der Besucher. Wells wurde schlagartig eine ganz neue Verwendungsmöglichkeit klar: als Betäubungsmittel. In den folgenden Wochen zog er erstmals Zähne unter Einsatz von Lachgas. Und tatsächlich ließ sich das Schmerzempfinden damit ausschalten.

Weil dem Entdecker die Erfahrungswerte fehlten, stellte die richtige Dosierung allerdings ein Problem dar. So auch Anfang 1845, als Wells seine Erkenntnisse der medizinischen Fachwelt mit einer Zahn-Extraktion vorstellen wollte. Die Dosis war zu niedrig, der Patient schrie vor Schmerzen. Wells wurde zum Gespött seiner Kollegen. Zu Unrecht: Lachgas wird bis heute weltweit von Anästhesisten verwendet, die es vor allem wegen seiner guten Verträglichkeit schätzen.

Gut ein Jahr nach Wells’ Debakel demonstrierte auch der amerikanische Zahnarzt William T. G. Morton eine Operation unter Narkose. Er ließ dem Buchdrucker Gilbert Abbott einen Hauttumor am Hals entfernen. Zur Betäubung verwendete Morton einen in Schwefeläther getränkten Schwamm in einem beidseitig geöffneten Glaskolben. Der Patient inhalierte die mit Äther versetzte Luft und atmete über ein Ventil in die Umgebung aus: das erste halb offene Narkosesystem. Abbott wachte ohne Schmerzen auf, die Fachwelt war beeindruckt. Heute wird Äther wegen seiner Nebenwirkungen allerdings nicht mehr angewendet.

Anfang 1848 setzte der schottische Gynäkologe James Young Simpson erstmals bei einer Entbindung Chloroform ein, das schneller wirkt und verträglicher ist als Äther. Doch Simpson und die Anästhesie im Allgemeinen erhielten schnell Gegenwind. Nicht nur die Kirche, auch Ärzte sprachen sich gegen die schmerzbefreiende Narkose aus. Begründung: Der Geburtsschmerz sei den Frauen für den Sündenfall auferlegt. Überhaupt glaubte man lange, Schmerzen seien für den Heilungsverlauf wichtig und dürften nicht gedämpft werden. Erst als bekannt wurde, dass Queen Victoria ein Kind unter Chloroform zur Welt gebracht hatte, nahmen die Vorbehalte ab, Narkosen wurden immer üblicher.

Vor der Erfindung von Anästhetika war bei Chirurgen übrigens eher Schnelligkeit als Präzision gefragt: Ihnen blieben jeweils nur Sekunden für die Operation, während mehrere Helfer den Patienten fixierten.

1885: IMPFUNG GEGEN TOLLWUT

Im Dienste der Wissenschaft:
 Am 16. Oktober 1846 demonstriert William T. G. Morton im Massachusetts General Hospital die erste öffentliche Operation unter Narkose.
(Gemälde von Robert Hinckley, 1882).

Als der neunjährige elsässische Bäckersohn Joseph Meister von einem tollwütigen Hund gebissen wurde, war das eigentlich sein Todesurteil. Damals, 1885, gab es nichts, was verhindern konnte, dass das Rabiesvirus das Nervensystem angreift und so eine tödliche Gehirnentzündung verursacht. Doch den Jungen rettete die Entwicklung eines Impfstoffes, die Louis Pasteur gerade abgeschlossen hatte.

Der französische Chemiker hatte aus dem Rückenmark eines an Tollwut gestorbenen Kaninchens eine Substanz entnommen und sie so lange getrocknet, bis die enthaltenen Erreger nicht mehr pathogen waren, sondern so abgeschwächt, dass sie keine Infektion mehr auslösen konnten. Als sie dem infizierten Jungen per Injektion verabreicht wurden, lösten sie eine Immunreaktion des Körpers gegen den Erreger aus. So wurde Joseph Meister zum ersten Menschen, der eine Tollwutinfektion überlebte. Bis heute ist eine rechtzeitige Impfung die einzige Möglichkeit, die Virusinfektion zu bekämpfen.

Deutschland gilt inzwischen als tollwutfrei; in Indien und China hingegen besteht – vor allem durch streunende Wildhunde – ein hohes Infektionsrisiko.

1891: DIPHTHERIE-ANTISERUM

Als Stabsarzt Emil von Behring an das Pharmakologische Institut der Universität von Bonn versetzt wurde, forschte man dort an chemischen Arzneimitteln zur Bekämpfung von Infektionskrankheiten. Von Behring hatte eine andere Idee: Er suchte nach Substanzen, die der infizierte Körper selbst entwickelt, um die Krankheit abzuwehren. 1889 fand er heraus, dass im Blut von diphtheriekranken Tieren ein sogenanntes Antitoxin entsteht, ein Antikörper, der die Diphtherie-Bakterien bindet und dadurch unschädlich macht.

Damals starb jedes zweite Kind, das an Diphtherie erkrankte. Die hochansteckende Erkrankung wird durch eine Infektion der oberen Atemwege mit dem Diphtherie-Bakterium ausgelöst und lässt die Rachenschleimhaut stark anschwellen. Ohne rechtzeitige Behandlung verläuft sie häufig tödlich. Mit der Entdeckung des Antitoxin konnte von Behring 1891 eine Serumtherapie entwickeln, bei der hochkonzentrierte Antikörper im menschlichen Organismus das Gift des Bakteriums neutralisieren. Die Farbwerke Hoechst vertrieben das Diphtherie-Antiserum ab 1894 flächendeckend; es rettete Hunderttausenden Kindern das Leben. Von Behring erhielt im Jahr 1901 den allerersten Nobelpreis für Medizin.

1899: ACETYLSALICYLSÄURE (ASS)

Kaum ein Wirkstoff ist so untrennbar mit seinem Markennamen verbunden: Schon seit 1899 wird Acetylsalicylsäure von der Bayer AG als Aspirin vermarktet. ASS wirkt schmerzstillend, fiebersenkend sowie entzündungsund gerinnungshemmend. Es bremst im Körpergewebe die Produktion bestimmter Botenstoffe, sogenannter Prostaglandine, und lindert dadurch Schmerzund Entzündungsreaktionen. Prostaglandine sind hormonähnliche Substanzen, die für die Schmerzübertragung in den Nervenzellen, den Anstieg von Fieber und das Anschwellen von Gewebe bei Entzündungen verantwortlich sind.

Chemisch gesehen, ist Acetylsalicylsäure ein Derivat der Salicylsäure, einer oxidativen Aufbereitung von Salicin, das aus der Rinde von Weidenbäumen gewonnen wird. Seine schmerzlindernde Wirkung nutzte man schon in der Antike, als die Rinde des Weidenbaums gekocht und der Sud als Allheilmittel gegen diverse Beschwerden getrunken wurde.

Der Vorläufer von ASS war die Salicylsäure, die seit 1874 als Schmerzmittel auf dem Markt war. Der deutsche Chemiker Friedrich von Heyden hatte ein Verfahren zur Herstellung entwickelt. Doch eine flächendeckende Verbreitung blieb aus, weil die Arznei nicht nur bitter schmeckte, sondern oft auch Magenbeschwerden verursachte. Am 10. August 1897 gelang es dem Bayer-Chemiker Felix Hoffmann – unter Anleitung des Chemikers Arthur Eichengrün – erstmals, Acetylsalicylsäure, eine wesentlich verträglichere Weiterentwicklung der Salicylsäure, in einer reinen und stabilen Form zu synthetisieren. Knapp zwei Jahre später begann für Bayer eine bis heute anhaltende Erfolgsgeschichte: Die Marke Aspirin wurde mit der Nummer 36433 in die Warenzeichenrolle des Kaiserlichen Patentamtes in Berlin aufgenommen und konnte fortan weltweit vertrieben werden.

Aspirin ist das meisteingesetzte Schmerzmittel der Welt, seit Markteinführung wurden nach Schätzungen mehr als eine Billion Pillen eingenommen. Seinen Wirkungsmechanismus hat erst 1971 der britische Pharmakologe Sir John Robert Vane entschlüsselt, der dafür den Medizin-Nobelpreis erhielt. Heute ist ASS Bestandteil einer Vielzahl von Fertigmedikamenten und wird von der WHO in der Liste der unentbehrlichen Medikamente geführt.

1922: INSULIN ZUR DIABETESBEHANDLUNG

Schon viele Wissenschaftler vor ihnen hatten es versucht, aber erst sie waren erfolgreich: Im Sommer 1921 gelang dem kanadischen Chirurgen Frederick Grant Banting zusammen mit seinem Assistenten Charles Best die erstmalige Extraktion von Insulin aus der Bauchspeicheldrüse eines Hundes. Damit waren die Weichen für eine künstliche Herstellung gestellt.

Das lebensnotwendige Hormon, das in den Langerhansinseln – Zellansammlungen in der Bauchspeicheldrüse – gebildet wird, senkt den Blutzuckerspiegel. Insulin beschleunigt die Aufnahme von Zuckermolekülen in den Körperzellen. Dabei wird der aufgenommene Zucker verbrannt und liefert so notwendige Energie. Beim Diabetes mellitus Typ 1 sind die Insulin produzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse zerstört, was zu einer chronischen Erhöhung des Blutzuckerspiegels führt. Langfristig schädigt das die Organe schwerwiegend. Beim Diabetes mellitus Typ 2, unter dem 80 bis 90 Prozent aller Diabetiker leiden, kann das Insulin nicht richtig wirken. Die Krankheit ist weltweit verbreitet und betrifft mehr als 250 Millionen Menschen.

Banting und Best injizierten das gewonnene Sekret einem Versuchshund, dem zuvor die Bauchspeicheldrüse entfernt worden war, sodass er zuckerkrank war. Durch die Gabe des entnommenen Insulins konnte das Tier am Leben erhalten werden. Am 11. Januar 1922 behandelte Banting – nach einigen Selbstversuchen – erstmals einen Diabetes-Patienten, den 14-jährigen Leonard Thompson. Er war der erste Mensch, der sein Überleben der künstlichen Zufuhr von Insulin verdankte. Bereits ein Jahr später erhielt Banting den Nobelpreis für Medizin.

Jetzt begann die pharmazeutische Industrie, tierisches Insulin im großen Stil zu isolieren. Ihre Präparate retteten weltweit Millionen Menschen das Leben. Doch die immense Nachfrage stellte die Hersteller schon bald vor ein Problem: Das tierische Material reichte nicht aus. Also suchten Wissenschaftler nach einer vollsynthetischen Methode zur Replikation von Insulin. Seit den Achtzigerjahren ist sie mittels Gentechnik möglich. Heute werden allein in Deutschland schon mehr als sieben Millionen Menschen wegen Diabetes behandelt.

1923: AKTIVIMPFUNG GEGEN DIPHTHERIE

1927: AKTIVIMPFUNG GEGEN TETANUS

1939: HEPARIN – GERINNUNGSHEMMER

1944: PENICILLIN

Am Anfang war der Hund: 
Frederick Grant Banting auf einem Foto aus dem Jahr 1933. Er wurde als erster Kanadier mit dem Nobelpreis ausgezeichnet.
Zum Glück vergessen: Zurück aus dem Urlaub, findet Sir Alexander Fleming (1881–1955) in einer vergessenen Petrischale einen Schimmelpilz – und nennt seine Entdeckung später Penicillin.

Das erste Antibiotikum entstand durch einen Zufall. Der schottische Arzt und Bakteriologe Sir Alexander Fleming, der an der University of London forschte und lehrte, hatte vor seinen Ferien im Labor eine Petrischale mit einer anaeroben Bakteriensorte vergessen. Zurück aus dem Urlaub, im September 1928, hatte sich in der Staphylokokken-Kultur ein Schimmelpilz ausgebreitet. Fleming fiel auf, dass die Staphylokokken rund um den Pilz durchsichtig, wie aufgelöst schienen. Der Pilz hatte die Bakterien zerstört. Fleming identifizierte ihn als Penicillium notatum und nannte die bakterienauflösende Substanz Penicillin. Weil es ihm anschließend aber nicht gelang, den Wirkstoff zu isolieren, stellte er seine Forschung ein.

Die entzündungshemmende Wirkung von Schimmelpilzen war schon lange vor dieser Entdeckung bekannt. So behandelte man bereits im alten China Entzündungen und Wunden mit verschiedenen Lebensmittelpilzen. Penicillin behindert die Zellteilung von Bakterien und dadurch auch deren Verbreitung im menschlichen Körper. Im Gegensatz zu anderen Pilzkulturen lässt es allerdings die für die Abwehr von schädlichen Krankheitserregern verantwortlichen weißen Blutkörperchen unbehelligt.

Fast zehn Jahre nach Fleming widmete sich eine neue Forschergruppe den Schimmelpilzen. Wissenschaftler um den australischen Pathologen Sir Howard Walter Florey und den deutsch-britischen Bakteriologen Ernst Boris Chain waren auf der Suche nach einem wirksamen und verträglichen Antibiotikum und stießen auf die Aufzeichnungen über das Penicillium notatum. 1940 gelang es ihnen, Nährkulturen zu züchten und daraus Penicillin zu extrahieren. Ein erster großer Tierversuch mit 50 Mäusen verlief sogar erfolgreich – eine industrielle Produktion war jedoch nicht möglich: Um eine für die Behandlung am Patienten ausreichende Menge an Penicillin herstellen zu können, benötigte man zu viel der Kulturflüssigkeit. Das machte größere klinische Studien am Menschen unmöglich.

Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs gewann die Entwicklung eines wirksamen Antibiotikums an Bedeutung: Viele verwundete Soldaten mussten behandelt werden. Die Suche nach einem geeigneten Medikament wurde zum Politikum, die industrielle Fertigung wanderte in die USA. Mit der großtechnischen Produktion fielen schließlich auch die Preise für Penicillin.

Schon 1945, nach dem Ende des Krieges, erhielten Sir Alexander Fleming, Sir Howard Walter Florey und Ernst Boris Chain den Nobelpreis für Physiologie beziehungsweise Medizin.

1945: CHLOROQUIN – PROPHYLAXE UND THERAPIE VON MALARIA

1948: CORTISON – ERSTE ANWENDUNG

1956: ERSTER EINSATZ DER IMPFUNG GEGEN KINDERLÄHMUNG IN DEUTSCHLAND

Dass die Kinderlähmung heute als nahezu ausgerottet gilt, ist der beharrlichen Arbeit vieler Wissenschaftler zu verdanken, die jahrzehntelang versuchten, einen Impfstoff gegen die schwere Infektionskrankheit zu entwickeln. Kinderlähmung, auch Poliomyelitis, wird durch Polioviren ausgelöst. Sie verteilen sich im Körper über die Blutbahn und befallen die muskelsteuernden Nervenzellen des Rückenmarks, was zu Lähmungen bis hin zum Tod durch Atemlähmung führen kann.

Als Entdecker des Polio-Virus gilt der österreichische Pathologe und Serologe Karl Landsteiner, der 1908 den Erreger aus dem Rückenmark eines an Kinderlähmung verstorbenen Kindes auf einen Affen übertrug. So wies er nach, dass die Krankheit nicht durch ein Bakterium, sondern durch ein Virus ausgelöst wird. Doch erst 1949 entwickelte ein Forscherteam der Harvard Medical School durch die Züchtung von Polio-Viren in Gewebekulturen einen Impfstoff.

Wenige Jahre später gelang es dem Virologen Jonas Salk von der University of Pittsburgh, einen Totimpfstoff herzustellen, der inaktivierte Polio-Viren enthielt. Dafür ließ er Zehntausende Rhesusund Java-Affen importieren. Er entnahm den Tieren die Nieren, verarbeitete deren Zellen und züchtete darauf den Polio-Virus, den er anschließend mit Formalin abtötete. Nach einigen erfolgreichen Selbstversuchen sowie einer Versuchsreihe mit Tausenden amerikanischen Schulkindern erhielt Salks Präparat am 12. April 1955 die Zulassung als erster Impfstoff gegen Poliomyelitis durch die oberste amerikanische Gesundheitsbehörde.

1960: IMMUNSUPPRESSIVUM BEI ORGANTRANSPLANTATIONEN

1960: EINFÜHRUNG DER PILLE ZUR EMPFÄNGNISVERHÜTUNG IN DEN USA

Dem Virus auf der Spur:
 Der Serologe Karl Landsteiner (1868–1943) entdeckte den Auslöser für Kinderlähmung und erhielt 1930 den Nobelpreis für Medizin.

Die Idee: Um eine Schwangerschaft zu verhindern, täuscht man dem Körper vor, bereits schwanger zu sein. So wird der Eisprung verhindert, und es kann keine Eizelle mehr befruchtet werden. Nimmt eine Frau also Schwangerschaftshormone ein, wird sie zeitweise unfruchtbar.

Der Innsbrucker Physiologe Ludwig Haberlandt gilt als Pionier der hormonellen Kontrazeption. Ihm gelang es Mitte der Zwanzigerjahre, Mäusen die Zeugungsfähigkeit zu nehmen, indem er ihnen den Extrakt tierischer Eierstöcke verabreichte. Seine Ergebnisse ließen sich allerdings nicht auf den Menschen übertragen: Der Hormongehalt der tierischen Eierstöcke war zu gering für eine Wirkung beim Menschen.

Anfang der Fünfzigerjahre wurde das Problem von Carl Djerassi gelöst. Dem US-Chemiker mit österreichischen Wurzeln gelang erstmals eine synthetische Replikation des weiblichen Sexualhormons Progesteron. Er extrahierte es aus der Yamswurzel. Dank einer großzügigen Spende der „Amerikanischen Liga für Geburtenkontrolle“, der die Krankenschwester und Frauenrechtlerin Margaret Sanger vorstand, konnte die zwei Millionen Dollar teure großtechnische Entwicklung einer Antibabypille realisiert werden: Nach sechs Jahren Forschung mit mehr als 200 Substanzen wurde 1957 das erste Verhütungsmittel, „Enovid“, als „Medikament gegen Menstruationsstörungen“ zugelassen. Erst drei Jahre später bekam Enovid die offizielle Zulassung als erstes hormonelles Verhütungspräparat. Die erste Pille in Deutschland hieß 1961 „Anovlar“, was „kein Eisprung“ bedeutet.

Im Dienste der Frauen:
 Margaret Sanger (1879–1966), Aktivistin und Krankenschwester, sorgte für Bewegung in Sachen Geburtenkontrolle.

1963: IMPFSTOFF GEGEN MASERN

1964: BETABLOCKER – HERZFREQUENZUND BLUTDRUCKSENKEND

1980: ACE-HEMMER – BLUTDRUCKSENKUNG

1987: HIV-PRÄPARAT

1992: BLUTGERINNUNGSFAKTOR VIII

Ein Kind fällt aufs Knie, es blutet. Im Normalfall kein Problem: Schnell sorgen die Gerinnungsfaktoren im Blut dafür, dass die Blutplättchen miteinander verkleben und die Wunde abdichten. Leider klappt der Selbstschutz nicht immer. Wer unter Hämophilie leidet, dem fehlen die Gerinnungsfaktoren oder sie funktionieren nicht richtig. „Bluter“ sind selbst bei kleinen Verletzungen in Gefahr: Die Blutung stoppt nicht, auch innere Blutungen, vor allem in den Gelenken, sind möglich.

Die Krankheit wird durch ein Gen vererbt, das auf dem X-Chromosom sitzt. Mütter übertragen es – ohne selbst zu erkranken – an ihre Söhne, weshalb die Hämophilie fast ausschließlich Männer betrifft. Eine prominente Überträgerin war Queen Victoria. Sie hat die lebensbedrohliche Bluterkrankheit über ihre Töchter nicht nur innerhalb der englischen Königsfamilie weitergegeben, sondern auch an die russische Zarenfamilie.

Heilbar ist Hämophilie nicht, behandelt wird sie, indem der Gerinnungsfaktor vorbeugend oder bei Bedarf gegeben wird. Weltweit leiden heute etwa 400 000 Menschen an der Bluterkrankheit, die meisten davon an Hämophilie A, der „klassischen“ Hämophilie, bei der der Blutgerinnungsfaktor VIII nicht funktioniert. 1963 konnte der Faktor VIII erstmals aus menschlichem Blutplasma gewonnen werden – 1966 gab es das erste Medikament für Hämophilie-A-Patienten.

Ein riesiger Fortschritt, doch der Glanz blieb getrübt. Wegen fehlender Untersuchungsmethoden barg diese Art der Faktor-VIII-Produktion immer das Risiko einer Verunreinigung – und führte in den Achtzigerjahren schließlich zur Katastrophe: Damals wurden Tausende von Patienten durch verunreinigtes Blutplasma mit HIV oder Hepatitis infiziert. Seit diesem „Blutskandal“ suchten Forscher in aller Welt nach einem Weg, sich von biologischem Material unabhängig zu machen. 1992 war es so weit: Amerikanischen Biochemikern glückte die gentechnische Herstellung von Faktor VIII.

2000: ETANERCEPT – WIRKSTOFF GEGEN RHEUMA

2006: IMPFUNG GEGEN GEBÄRMUTTERHALSKREBS

2007: MEDIKAMENT ZUR LEBENSVERLÄNGERUNG BEI LEBERKREBS


Dieser Text stammt aus unserer Redaktion Corporate Publishing.