Mikroökonomie

Fatos Demirbag arbeitet seit ihrem 18. Lebensjahr als Model. Sie posiert für Kataloge, TV-Sendungen und bei Modeschauen. Hauptsächlich führt sie Kleider vor, manchmal auch Unterwäsche. Angebote von Kopftuchfirmen hat sie bislang wegen schlechter Bezahlung ausgeschlagen. Ihre Mutter sähe das lieber. Die 24-Jährige wohnt noch bei ihren Eltern im Istanbuler Stadtteil Bakirköy. Sie macht gerade zusätzlich eine Ausbildung zur Köchin. Zuvor hat sie zwei Jahre lang als Immobilienmaklerin gearbeitet. Sie hat zwei Geschwister.

Verdienst, Grundkosten, Altersvorsorge

Demirbag verdient im Schnitt rund 3300 Euro im Monat, das hängt von den Buchungen ab. Besuche beim Friseur und im Schönheitssalon rechnet sie zu ihren Arbeitsausgaben. Für Haarefärben gibt sie monatlich rund 240 Euro aus, Extensions halten ein Jahr und kosten rund 210 Euro. Maniküre und Pediküre erledigt sie meist selbst, zwischen 70 und 100 Euro verbraucht sie pro Monat für Kosmetikprodukte, am teuersten ist die Feuchtigkeitscreme. Auch für Mode gibt sie viel Geld aus: Sieht sie ein schönes Kleid, achtet sie nicht auf den Preis. Manchmal kauft sie auch ein billiges T-Shirt und stylt es zu Hause selbst auf. Demirbags Krankenversicherung schlägt mit monatlich 130 Euro zu Buche, rentenversichert ist sie nicht.

Was bedeutet Ihnen Ihre Arbeit?

Ich liebe alles Schöne. Schöne Frauen, schöne Männer, schöne Kleider. Beim Modeln verändert sich meine Stimmung. Ich fühle mich dann wie eine Königin. Weil ich immer im Mittelpunkt stehen will, bevorzuge ich Laufstege. Aber ich mache auch Katalogaufnahmen.

Was ist das Wichtigste in Ihrem Leben?

Mein Körper ist mir sehr wichtig, zwei bis drei Stunden pro Tag investiere ich in mein Aussehen.

Was möchten Sie an Ihrem Leben ändern?

Ich bin mit meinem Leben sehr zufrieden. Beruflich möchte ich mir irgendwann die Aufträge aussuchen können. Noch gehe ich zu jedem Job, weil man in der Türkei als Model nicht viel verdient.

Was tun Sie, wenn Sie sich etwas Besonderes gönnen wollen?

Ich mache Sport. Ich kickboxe, gehe ins Fitness-Studio und zum Pilates-Training.

Was sind Ihre größten Probleme, und wie gehen Sie damit um?

Meine größten Probleme habe ich im Privaten. Ich bin schnell aufgebracht, aber dafür nicht nachtragend. Beruflich stört mich die Vetternwirtschaft in der Türkei. Wenn jemand einen Job bekommt, der nicht die nötige Qualifikation dafür mitbringt, ärgere ich mich. Außerdem sind Models sehr neidisch, ich habe nur eine Freundin aus der Branche.

Was erwarten Sie von der Zukunft, und was tun Sie dafür?

Ich möchte meine Ausbildung als Köchin abschließen und irgendwann zusammen mit meiner Schwester ein Restaurant eröffnen. Solange ich gebucht werde, möchte ich weiter als Model arbeiten. Das ist realistisch betrachtet maximal bis zu meinem 31. Lebensjahr möglich.

Wie frei fühlen Sie sich als Frau in der Türkei?

Ich fühle mich nicht frei. In Anatolien wäre es sicher noch schlimmer, aber selbst in Istanbul kann ich nicht alles machen, was mir gefällt. In meiner Freizeit kann ich mich etwa nicht so kleiden, wie ich das gern möchte. Die Männer würden mich pausenlos anstarren. Trotzdem ist es für mich leichter als für andere Türkinnen, da ich in der Modelbranche tätig bin und in Stadtteilen verkehre, in denen man eher mit selbstbewussten Frauen rechnet. ---





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