Zeit zu leben, Zeit zu sterben

Wir müssen alle sterben. Hoffentlich haben wir dann jemanden, der uns die Hand hält. Um viel mehr geht es am Ende nicht. Besuch bei Ärzten und Krankenschwestern, die alles dafür tun, dass ihre Patienten einen guten Tod haben.





0808 palliativstation
Oberarzt Schlemmer: „Man muss in der Lage sein, sich mit dem eigenen Tod auseinanderzusetzen.“

Es ist alles lächerlich, wenn man an den Tod denkt.
Thomas Bernhard

• Am Ende werden sehr einfache Dinge wichtig. Zum Beispiel vom Bett aus auf die Bäume und den Himmel zu sehen. Herr Klein ist 62 Jahre alt, und er wird nur noch wenige Tage leben. Er ist abgemagert bis auf die Knochen. Das Gesicht ist eingefallen. Seine Haut ist gelb. Er wirkt zerbrechlich und schwach. Wenn er spricht, schleppt sich seine dünne Stimme mit langen Pausen durch die Sätze. Aber was er sagt, ist vollkommen klar. „Natürlich ist es immer zu früh, dass man stirbt. Da muss man sich abfinden. Vorher war es schrecklich, jetzt nicht mehr. Ich weiß ja schon seit drei Jahren, dass das nicht mehr heilbar ist“, sagt Herr Klein. Mühsam dreht er den Kopf zu seinem Gesprächspartner. „Man versucht, so viel Zeit rauszuschlagen wie möglich. Dass ich jetzt noch mal drei Monate zu Hause sein konnte, das war am schönsten. Aber jetzt ging es zu Hause nicht mehr.“

Er hat Enddarmkrebs, Wasser im Bauch, Metastasen in der Leber, im Bauchfell, in den Knochen. Er ist seit einem Tag wieder in der Klinik, er hat die Ärzte gebeten, alle lebensverlängernden Maßnahmen und die künstliche Ernährung zu beenden. Was das bedeutet, ist klar. „Es ist alles geregelt“, sagt Herr Klein. Es klingt auf sachliche und abschließende Weise erleichtert. Dann wendet er den Kopf zur anderen Seite und schaut auf die Bäume und den blauen Sommerhimmel vor seinem Fenster.

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