Kommt darauf an, wie man ihn macht
Kein anderer Baustoff wird derzeit so intensiv weiterentwickelt wie Beton. In Zukunft soll er vom Klimakiller zum Klimaretter werden.
Solarstrom aus der Wand
Ein Roboter klettert an einem Hochhaus empor und trägt Farbe auf die Betonfassade auf – Farbe, die anschließend Strom erzeugt. Das könnte bald Wirklichkeit werden dank „Dyscrete“, einer Erfindung der Architekturprofessorin Heike Klussmann von der Universität Kassel. Die englische Abkürzung steht für farbstoff-sensibilisierten Solarbeton.
Die Idee basiert auf einer Technik, die bereits seit 1992 patentiert ist: die Farbstoff-Solarzelle. Bei dieser erfüllt ein Farbstoff, wie er etwa in Johannisbeersaft vorkommt, die Aufgabe, die in herkömmlichen Solarzellen Silizium übernimmt. Die Farbstoffmoleküle wandeln Sonnenlicht in Strom um – ähnlich dem Chlorophyll in Pflanzen, das Lichtenergie in chemische Energie umwandelt. Neu ist, dass die Technik nun in Verbindung mit Beton eingesetzt wird.
Solarbeton hat einen großen Vorteil: Er kann die Energie von diffusem Licht nutzen, benötigt also im Gegensatz zu Solarmodulen keine direkte Sonneneinstrahlung. Nach Klussmanns Berechnungen könne sich der Flächenanteil eines Gebäudes, der für die Gewinnung von Solarenergie genutzt werden kann, fast verdoppeln.
Ihre Solarzelle, bei der ausschließlich organische Farbstoffe zum Einsatz kommen, erreicht inzwischen Wirkungsgrade von bis zu 15 Prozent. Damit liegt sie aber noch rund zehn Prozent unter dem einer herkömmlichen Solarzelle. Dafür ist sie in der Herstellung billiger. Manche Experten zeigen sich optimistisch, so bezeichnet die Architektin Samira Aden vom Berliner Helmholtz-Zentrum für Materialien und Energie die Neuerung als „das erste voll funktionsfähige Solar-Fassadenelement“. Auch wenn es vom Prototyp bis zur Massenproduktion noch dauern wird: Eines Tages könnten Häuser mit einem simplen Anstrich zu Stromproduzenten werden.