Foto: Thomas Jones

Concular

Keine Branche produziert so viel Müll wie die Bauwirtschaft. Dabei ließen sich viele Materialien wiederverwenden – und Geld und Ressourcen sparen. Eine Berliner Firma will die Industrie zum Umsteuern bewegen.




Dieser Artikel erschien in der Ausgabe 03/2024.

• Wenn Dominik Campanella durch ein Abbruchhaus geht, sieht er überall Ware: Bodenplatten, Türen, Waschbecken, Ziegel. „Fast jedes gebrauchte Bauteil könnte wiederverwendet werden, solange es in gutem Zustand und nicht schadstoffbelastet ist“, sagt er. „Doch gewöhnlich landen all diese Ressourcen auf dem Müll.“ Noch. Mit seiner Firma Concular arbeitet der Unternehmer daran, das zu ändern. Ihr Ziel: weg vom Einwegbauen, hin zur Mehrwegarchitektur.

Die Bauwirtschaft produziert enorme Mengen an Müll: pro Jahr mehr als 220 Millionen Tonnen laut Umweltbundesamt. Das entspricht mehr als der Hälfte des Gesamtaufkommens. Gut 91 Millionen Tonnen sind davon Bauabfälle im engeren Sinne, also etwa Schutt und Straßenaufbruch.

Welche Werte weggeworfen werden, wurde Campanellas Mitstreiter Marc Haines 2012 bewusst. Damals sah der Architekt, wie gut erhaltene Bauteile aus Abrissobjekten in Müllcontainern landeten. Als er Dominik Campanella und Julius Schäufele, einem gemeinsamen Freund, davon erzählte, hätten die drei sich gefragt: „Warum gibt es keinen Marktplatz im Internet, auf dem solche Produkte gehandelt werden – ein Ebay für die Baubranche?“ So entwickelten sie im selben Jahr Restado, eine Bauteilbörse, in der spanische Zementfliesen ebenso angeboten werden wie Dämmmaterial für Tiefgaragen oder Stahltreppen.

Restado hat sich laut Dominik Campanella zum größten Marktplatz seiner Art in Europa entwickelt. Und dennoch waren die drei Initiatoren unzufrieden. Auf der Plattform handelten vor allem Privatpersonen und Kleinbetriebe – mal eine Tür, mal ein paar Holzbalken, mal eine Türklinke. „Uns fehlten die großen Firmen aus der Branche, die Projekte mit 300 Türen und 30.000 Ziegelsteinen, die wirklich Umsatz bringen“, erläutert der Geschäftsführer. Also wandten sie sich direkt an die Firmen: „Warum kommt ihr nicht zu uns und kauft gebrauchte Ware?“ Die Antwort: Die Betriebe brauchen das Baumaterial an einem bestimmten Ort, zu einem bestimmten Zeitpunkt, in einer bestimmten Qualität mit Gewährleistung. Das konnte die Plattform nicht leisten – und so entstand die Idee zu Concular.

Durch ihre Recherchen waren die Restado-Chefs auf ein entscheidendes Problem gestoßen. „Ein Eigentümer weiß nicht, was in seinem Gebäude verbaut ist“, so Campanella. Hier setzt Concular an: Zum einen bietet die Firma ihren Kunden für Neubauten einen digitalen Ressourcen-Pass an, in dem jedes Bauteil schon während der Planung dokumentiert wird. Dadurch können Umbau- oder Abrissteile leichter gefunden und auf den Gebrauchtmarkt gebracht werden. Zum anderen erfassen Mitarbeiter auf Wunsch wiederverwertbare Teile in bestehenden Häusern, deren Umbau oder Abriss bereits feststeht. Alles, was noch nutzbar ist, bietet die Firma auf ihrem Marktplatz für Großkunden an.

Mitunter stehe ein Abriss zwei Jahre im Voraus fest, sagt Campanella. Ausreichend Vorlauf sei wichtig, denn Concular dürfe Bauteile nur dann vermitteln, wenn sie für einen neuen Einsatzort bestimmt sind. „Sobald ein Element ausgebaut wird, ohne dass ein Abnehmer gefunden ist, gilt es nach dem Gesetz als Abfall und muss weggeworfen werden.“

Die Vorteile der Wiederverwertung liegen auf der Hand: Die Verkäufer sparen Abrisskosten, laut Concular bis zu 30 Prozent, weil sie weniger Müll kostenpflichtig entsorgen müssen und sogar Geld für den vermeintlichen Abfall erhalten. „So wird aus dem Kostenblock in der Bilanz ein Wertblock“, sagt der Betriebswirtschaftler Campanella. Die Käufer bekommen aufgearbeitete Produkte mit Garantie, die teilweise 20 Prozent billiger als Neuware und oft schneller verfügbar sind: „Auf neue Systemtrennwände für Büros wartet man im Durchschnitt 14 bis 16 Wochen – bei uns nur zwei.“ Nicht zuletzt profitiert auch die Umwelt, weil die Ressourcen geschont und weniger Treibhausgase ausgestoßen werden.

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