brand eins-Container: Unter Druck #03

Stolz präsentierte die fränkische Farbenfabrik Kreul vor gut drei Jahren eine besonders umweltfreundliche Produktserie. Doch dann stellte sich der erhoffte Verkaufserfolg nicht ein.

Bis heute fragt man sich, was falsch gelaufen ist.




Dieser Artikel erschien in der Ausgabe 11/2023.

• „Mit der Farbenherstellung ist es ähnlich wie mit dem Kochen“, erklärt Florian Hawranek, vor einem 800-Liter-Bottich mit „Solo Goya Triton Acrylic Oxydbraun dunkel“ stehend. „Die Reihenfolge der Zutaten ist entscheidend.“ Jede Farbe benötigt vier Bestandteile: Pigmente, Bindemittel, Füllstoffe und Konservierungsmittel. „Und jede Zutat braucht ihre Zeit“, sagt Hawranek, der in vierter Generation die älteste Künstlerfarbenfabrik Deutschlands führt. „Man darf sie nicht zu früh zugeben, aber auch nicht zu spät.“ Wie Zwiebeln, die schwarz werden und bitter schmecken, wenn man sie zu lange anbrät.

Die C. Kreul GmbH & Co. KG, 1838 gegründet und in der 4200-Einwohner-Gemeinde Hallerndorf in der Fränkischen Schweiz gelegen, ist Spezialist für flüssige Farben. Profis nutzen sie ebenso wie kreative Laien oder Zweijährige, die ihre ersten Kunstwerke mit Quietsch-Pink und Feenstaub-Rosa kreieren.

Millilitergenau und ohne dass auch nur ein Tropfen daneben geht, presst die Abfüllanlage – ähnlich wie bei Zahnpasta – die Farbe in Tuben; die jeweilige Mixtur ist bis ins Detail festgelegt. Trotzdem sei das gute Auge der Beschäftigten wichtig, betont die Marketingchefin Claudia Schuberth, 37. „Wir sind stolz, dass wir Mitarbeiter mit einem guten Gespür haben, die im Zweifel sagen: Moment mal, das Zitronengelb sieht heute irgendwie nicht so gut aus wie sonst.“


Zur Abfüllung bereit: fertig gemischte Farbe

Vor fünf, sechs Jahren begann bei Kreul eine Idee zu gären, die sich als folgenschwer erweisen sollte. Florian Hawranek, 48, promovierter Betriebswirt, wollte nicht darauf hoffen, dass wieder ein kurzfristiger Hype das Unternehmen beglückt wie um die Jahrtausendwende, als der Window-Color-Boom Millionen von Küchen-, Wohn- und Kinderzimmerfenstern heimsuchte und in der fränkischen Farbenfabrik für eine Verdreifachung des Umsatzes und 150 neue Jobs sorgte – ein Strohfeuer, das allerdings schon bald erlosch. Längst ist man wieder zurück bei der alten Belegschaftsstärke von 100 Beschäftigten und einem Umsatz von 17 Millionen Euro im Jahr 2021.

Die Pandemiejahre 2020 und 2021 waren dann die umsatzstärksten der vergangenen zwei Jahrzehnte und bescherten Kreul einen Gewinn von insgesamt 2,5 Millionen Euro. Mütter und Väter saßen monatelang zu Hause mit ihren Kindern, die sich langweilten, und da entdeckten viele das gemeinschaftliche Malen wieder neu – oder überhaupt zum ersten Mal. Eine Zeit lang kam Kreul mit der Produktion trotz Übergang zum Zweischichtsystem nicht mehr hinterher.

Schon vor diesen Boomjahren hatte eine Produktentwicklerin darauf gedrängt, eine möglichst umweltfreundliche Farbe zu kreieren. Die Mitarbeiterin war abstrakter Erörterungen über Nachhaltigkeit müde und wollte endlich an einem Produkt austesten, was möglich ist, wenn man alle Register zieht. In Claudia Schuberth fand sie eine Verbündete. „Wir können viel reden, aber irgendwann müssen wir auch mal was umsetzen“, befand die Marketingchefin. Und Hawranek entschied schließlich: „Dann ziehen wir es jetzt durch.“

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