„Die Menschen wollen vom Staat abhängig sein.“

Nobelpreisträger James Buchanan, international renommierter Mitbegründer der Public-Choice-Theorie, über die wahren Motive von Staatsdienern und Politikern, den Verteilungskampf um öffentliche Güter und Dienstleistungen – und das Dilemma eines ausufernden öffentlichen Sektors.




Als der frisch gebackene Doktor der Wirtschaftswissenschaften James Buchanan Anfang der fünfziger Jahre die westlichen Demokratien mit den Augen eines vom Sozialismus zum Liberalismus gewandelten Ökonomen betrachtete, wunderte er sich über die Missachtung, mit der seine Kollegen den Staat straften. „Ein Drittel bis zur Hälfte des Bruttoinlandsproduktes eines Landes wurde nicht auf freien Märkten ausgegeben, sondern von der öffentlichen Hand. Ökonomen aber schenkten diesem Sektor so gut wie keine Beachtung. Der öffentliche Sektor schrie förmlich nach Erklärungsmodellen“, erinnert sich der heute 85-Jährige.

Aus diesem Antrieb entwickelte Buchanan in den vergangenen fünf Jahrzehnten das Gedankengebäude und analytische Rahmenwerk der Public-Choice-Theorie. Sie erklärt, warum die öffentlichen Ausgaben von Sozialstaaten unentwegt wachsen – und benennt als Hauptursache das Fehlverhalten der einzelnen Akteure. Als die Kritik von Public Choice Ende der fünfziger Jahre erstmals formuliert wurde, waren Volkswirte und Politologen noch von einem Gesellschaftsmodell ausgegangen, in dem sich die Staatsdiener allein um das Gemeinwohl sorgen. Für Buchanan ging dieser Ansatz an der Realität vorbei: Warum sollte ein Politiker oder Beamter menschlich untypisch, also altruistisch handeln? Der Ökonom ging von den Beobachtungen in der privaten Wirtschaft aus und bezog diese auf den öffentlichen Sektor – volkswirtschaftliches Denken und Staatsrechtslehre wurden erstmals zusammengeführt.

Aus einem kleinen Verein früher Verfechter des Buchanan’schen Ansatzes ist heute, 40 Jahre später, ein anerkanntes Fachgebiet der liberalen Schule geworden. Weil die Idee des Wohlfahrstaats als ein unrealistisches Ziel kritisiert wird, halten ihre Verfechter eine möglichst niedrige Staatsquote für die bessere Alternative.

Buchanan selbst musste auf Anerkennung geraume Zeit warten – die Theorie passte schlecht zu den ehrgeizigen fiskalpolitischen Regierungsprogrammen der sechziger, siebziger und frühen achtziger Jahre. Erst 1985 fand die Theorie Eingang in das Standardwerk „Volkswirtschaftslehre“ von Paul Samuelson und William Nordhaus, nach dem weltweit unzählige Universitäten seit 1948 lehren. Mit dem Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften wurde Buchanan 1986 für seine Grundlagenforschung über politische Entscheidungsprozesse ausgezeichnet.

McK: Professor Buchanan, Sie gelten als Vater der Public-Choice-Theorie. Worum geht es darin eigentlich?

James Buchanan: Es geht darum, die Entstehung von wirtschaftlichen und politischen Entscheidungen zu verstehen. Die meisten Theoretiker betrachten den öffentlichen Sektor durch die rosarote Brille. Sie haben nach wie vor jenes romantische Bild im Kopf, dass die im Auftrag der Regierung handelnden Wirtschaftssubjekte vor allem daran interessiert seien, das Gemeinwohl zu mehren. Stattdessen plädiere ich dafür, Politik auch in der Theorie nüchtern zu betrachten oder, wie ich in einer Vorlesung 1979 sagte: Die Public-Choice-Theorie ist der Versuch, Politik ohne Romantik zu begreifen. Beamte und Politiker sind ganz normale Menschen, sie verhalten sich nicht anders als Marktteilnehmer in anderen Bereichen einer Volkswirtschaft.

Wieso dann Public-Choice-Theorie, wenn sich das ökonomische Verhalten von Bürokraten und normalen Marktteilnehmern ähnelt?

Es gibt zwar keinen grundlegenden Unterschied zwischen Menschen, die auf Märkten oder im öffentlichen Sektor agieren. Aufgrund der verschiedenen organisatorischen Strukturen, in die der einzelne Akteur eingebunden ist, sind die Unterschiede in den Folgen des Handelns aber groß.

Wirtschaftswissenschaftler sahen das in der Vergangenheit nicht so?

Bevor die Public-Choice-Theorie die Diskussion in den fünfziger Jahren entfachte, wollten Ökonomen vor allem die Funktionsweise von Märkten verstehen. Wir haben versucht, ökonomisches Denken auf den öffentlichen Sektor auszudehnen. Historisch betrachtet, ist die Theorie entstanden, weil wir das Mehrheitsprinzip als die damals unangefochtene Demokratieform erstmals unter ökonomischen Gesichtspunkten kritisch hinterfragten.

Diskussionen über die ideale Demokratie gab es schon vorher. Was haben die Ökonomen dazu beigetragen?

Wir gehen von drei treibenden Faktoren aus, die das wirtschaftliche Verhalten eines Menschen bestimmen. Die ersten beiden sind die grundlegenden Bausteine der Wirtschaftswissenschaften und gelten für den privaten Sektor genauso wie für den öffentlichen: In idealisierten Märkten handelt der Mensch für sich allein. Er ist auf seine individuelle Nutzenmaximierung bedacht und handelt dabei, zweitens, als Vernunftwesen. Ökonomen gehen deshalb vom Individualismus und Rationalismus als Grundeigenschaften des Menschen als Wirtschaftssubjekt aus. Der dritte Faktor ist das Prinzip des Tauschgeschäftes. Märkte, egal, ob öffentliche oder private, sind nichts anderes als Orte für Tauschgeschäfte.

Was heißt das für den Staat?

Wenn es solche Tauschvereinbarungen zwischen Individuen und der Gemeinschaft nicht gäbe, ließe sich staatlicher Zwang nur schwer legitimieren. Auf unterschiedlichen Ebenen – per Gesetz oder durch die Verfassung – müssen sich die Bürger verständigen, einen Teil ihrer Freiheit aufzugeben, um dafür im Gegenzug Güter oder Dienstleistungen vom Staat zu erhalten. Die Public-Choice-Theorie zwingt die Menschen dazu, über politische Prozesse als einen komplexen Mechanismus von Tauschgeschäften nachzudenken. Märkte dagegen leben von einfachen Tauschgeschäften, in denen das Spiel von Angebot und Nachfrage den Preis bestimmt.

Wenn man von Fürsorgeprogrammen, Straßenbau, öffentlicher Bildung und anderen Gütern und Dienstleistungen redet, kann man wohl kaum von diesem Spiel sprechen.

Genau da liegt das Problem. Im Staatssektor gibt es zwar keine freien Märkte, auf denen die öffentlichen Güter gehandelt werden können, aber es gibt Kosten, die jemand tragen muss. Im Gegensatz zur Privatwirtschaft können sich die Preise aber nicht entsprechend des Spiels von Angebot und Nachfrage entwickeln. Wenn ich als Bürger einer Gemeinschaft darin eingewilligt habe, dass mich der Staat doppelt so hoch besteuert wie meinen Nachbarn, dann gibt es – abgesehen von Emigration – kaum eine Möglichkeit, durch Handel aus diesem Preisgefüge herauszukommen. Ein Dilemma: Der Staat hat theoretisch die Möglichkeit, willkürlich hohe Preise zu verlangen.

Was ist mit Regierungsvertretern oder Politikern, die entscheiden, wer welche Leistungen in welcher Höhe empfängt?

Sie wollen natürlich im Amt bleiben und reagieren deshalb auf die Wünsche und Anliegen ihrer Wähler. Die Partei, die ihnen auf den Posten verhalf, verfolgt ihre eigene Agenda, die Politiker fördern und erfüllen sollen. Das sorgt für höchst gemischte Motivationen.

Politologen haben für die Schattenseiten des öffentlichen Sektors den Begriff „Rent Seeking“ geprägt – das Streben nach privatem Gewinn auf Kosten der Gemeinschaft. Was sagt Public Choice dazu?

Public Choice erklärt, wie und warum Ressourcen in diesem unnötigen Wettbewerb um öffentliche Zuwendungen verschwendet werden. Wenn der Staat Geld von mir nehmen und an jemand anderen geben kann, werde ich als rational handelnder Individualist in Mittel und Wege investieren, um diesen Transfer aufzuheben oder rückgängig zu machen. Am Ende geht es darum, dass Lobbyisten Politiker dazu veranlassen, für ihre jeweilige Interessengruppe vorteilhafte Gesetze oder Regelungen zu verabschieden – was dann auf Kosten der Allgemeinheit geht.

Welchen Preis zahlt die Öffentlichkeit für Beamte, Politiker und Gesetzgeber, die sich von Lobbyisten lenken lassen?

Rent Seeking führt zu einem Nettoverlust für die Gemeinschaft. Nehmen wir Rechtsanwälte als Beispiel – sie sind in Amerika zu einer regelrechten Plage geworden. Ein Jurist, der für einen Lobbyisten in Washington arbeitet, tut grundsätzlich nichts anderes als Steuervorteile und Ausnahmen für dessen Kunden herauszuschlagen. Das kann die absonderlichsten Blüten treiben. Hier haben beispielsweise Großwildjäger gesetzlich dafür gesorgt, dass sie ihre Trophäen ausstopfen lassen und an irgendwelche, teilweise dubiosen Museen geben können, die ihnen dafür steuerlich absetzbare Spendenquittungen in absurder Höhe ausstellen.

Sind solche Steuerschlupflöcher die Spitze des Eisbergs? Wie hoch ist der Verschleiß?

Das lässt sich unmöglich messen. Einige Schätzungen gehen von enormen Verlusten für die Volkswirtschaft aus, aber je nach Modell kann man jede beliebige Zahl errechnen.

Was schätzen Sie?

Ich kann Ihnen keine Ziffern nennen, aber lassen Sie es mich so versuchen: In Amerika gibt es bedeutend mehr Verschwendung durch Rent Seeking als in den rein parlamentarischen Systemen Europas. Dort sorgt die Parteidisziplin für Verhandlungen, bevor Themen zur Abstimmung gelangen. In den USA dagegen bilden sich starke Interessengruppen, die Otto Normalverbraucher Gelder vorenthalten. Amerikaner nennen das „Pork Barrel“- Politik – saftige Speckschwarten für bestimmte Lobbys. In einem klassischen Fürsorgestaat wie Schweden kommt es zwar insgesamt zu mehr Ausgaben, als die Bürger finanzieren möchten, aber ein solches System ist zugleich weniger verschwenderisch als das amerikanische. Wer sich wie in den USA bezahlen lässt, um für eine Gruppe auf Kosten einer anderen Gruppe Geld herauszuschlagen, betreibt negatives Unternehmertum. Anstatt etwas zu produzieren und das Bruttosozialprodukt zu erhöhen, vernichten diese Leute Wert.

Ist das nicht eine sehr negative Analyse? Ist Public Choice am Ende nicht vor allem eine pessimistische Bestandsaufnahme? Beamte und Politiker lassen sich von Eigennutz und Lobbyisten beeinflussen, einzelne Bevölkerungsgruppen haben schon rein ökonomisch schlechte Karten, sich im öffentlichen Sektor Gehör zu verschaffen.

Das sind berechtigte Einwände. Es ist außerordentlich schwer, dafür zu sorgen, dass alle Gruppen gleich behandelt werden. Man kann argumentieren, dass sich diese Gruppen an der Macht abwechseln und sich so beim Abschöpfen von Vorteilen auf Dauer in Schach halten. Aber ein solches Hin und Her sorgt vor allem für eines: Der öffentliche Sektor wird zur Geisel des politischen Spiels. Je mehr sich unterschiedliche Gruppen um die Macht balgen, desto größer wird der öffentliche Sektor. Und je größer die Staatsquote wird, desto größer sind auch die Möglichkeiten für Marktteilnehmer, sich zu bereichern. Eine Menge dieser Probleme würden sich erledigen, wenn wir eine Staatsquote von zehn statt 50 Prozent hätten.

Weniger Staat – das haben schon viele Ökonomen postuliert.

Mir geht es um etwas anderes: um die fundamentale Frage, was den öffentlichen Sektor antreibt und wachsen lässt. Dazu habe ich vier Spielarten von Sozialstaat definiert. Was wir heute haben, ist sicherlich nicht der sozialistische Staat der zentralen Planwirtschaft. Systeme wie diese sind verschwunden. Das zweite Modell, das sich abgrenzen lässt, ist der paternalistische Staat, in dem eine Elite der Bevölkerung vorschreibt, was sie zu tun hat. Dann gibt es eine dritte Variante, die vom sozialdemokratischen Gleichheitsideal motiviert ist. Diesen Umverteilungsstaat finden wir heute allerorten, vor allem in Europa. Aber auch dieser sozialdemokratische Ansatz ist meiner Meinung nach nicht zielführend bei der Frage, was die Staatsquote nach oben treibt. Ich denke da an das Modell des fürsorglichen Elternstaats: Die Menschen wollen vom Staat abhängig sein! Heute hat das Vertrauen in den öffentlichen Sektor Gott als letzte Hoffnung abgelöst. Insbesondere die Bürger der europäischen Wohlfahrtsstaaten glauben nach wie vor an den Staat als legitime fürsorgliche Institution. Während beim paternalistischen Staat Entscheidungen und Wünsche von oben nach unten fließen, fordern die Bürger im Elternstaat Güter und Dienstleistungen ein. Der Staat reagiert lediglich auf das Verlangen der Bevölkerung nach elterlicher Fürsorge.

Der Bürger ist schuld daran, dass der öffentliche Sektor wächst?

Der Fehler liegt im System. Wenn der Staat eine Rolle als Elternersatz annehmen soll, dann muss er das für alle tun. Jede Bevorzugung einzelner Gruppen bei Zuwendungen oder Besteuerung durch den öffentlichen Sektor verletzt das Gleichheitsprinzip. Also stehen wir vor der entscheidenden Frage, ob sich eine Gesellschaft das leisten kann. Wenn die Bevölkerung vom Staat abhängig sein will, aber nicht gewillt ist, dafür die nötige Steuerlast zu akzeptieren, stecken wir in der Klemme. Externe Faktoren machen die Situation noch schlimmer: die demografische Krise durch Überalterung, Einwanderungstrends und schließlich eine wachsende Staatsverschuldung. Der Generationenvertrag geht nicht mehr auf. Die kinderlose, überalterte Gesellschaft treibt die Staatsausgaben nach oben. Und das bei gleichzeitig wachsender Ressourcenverschwendung durch den fortschreitenden Lobbyismus. Damit will ich nicht sagen, dass die westlichen Sozialstaaten gescheitert sind. Aber ganz sicher muss sich in der Bevölkerung die Erkenntnis durchsetzen, dass ihre Ansprüche nicht durch gewöhnliche Steuersätze zu decken sind.

Sie haben in der Vergangenheit immer wieder betont, dass es Ihnen auf fairen und gerechten Zugang aller Bürger zum öffentlichen Sektor ankommt. Wie passt das mit Ihren Ausführungen über den fürsorglichen Elternstaat zusammen. Haben Sie Ihre Meinung geändert?

Ich habe nie etwas gegen den so genannten Sozialstaat gehabt, geschweige denn den Staat als etwas grundsätzlich Schlechtes abgelehnt. Meine These ist lediglich: Marx ist passé, Bismarcks Ideen vom Sozialstaat hingegen leben weiter. Was mir Sorgen macht, ist ein Staat, der bestimmte Bevölkerungsgruppen diskriminiert. Man kann mit Fürsorgeprogrammen eine Menge Gutes erreichen – solange sie für alle gelten und solange die Bevölkerung bereit ist, für sie zu bezahlen. Gefährlich wird es für unseren demokratischen Prozess, wenn man bestimmte Bevölkerungsgruppen aus Programmen wie der allgemeinen Rentenversicherung auszuschließen beginnt. So wird aus allgemeiner Fürsorge ein Umverteilungsprogramm, das Rent Seeking und Lobbyisten geradezu einlädt. Auf uns kommen in den nächsten Jahrzehnten große Verteilungskämpfe zu.

Vielleicht ist es keine schlechte Idee, bestimmte öffentliche Dienstleistungen zu privatisieren, damit weniger Ressourcen verschwendet werden und mehr Markt herrscht.

An diesem Ansatz ist in der Praxis nicht viel dran, weil die Prozesse schlecht gemanagt werden. Regierungen von Lateinamerika bis Großbritannien haben ihr Glück mit Privatisierungen versucht. In vielen Fällen haben die Verantwortlichen aber nicht daran gedacht, für Wettbewerbsmechanismen zu sorgen. So wird ein staatliches Monopol durch ein privates ersetzt, samt Bestechungsgeldern und all den anderen Problemen. Auf der anderen Seite lässt sich nicht leugnen, dass es handfeste Vorteile wie etwa mehr Wettbewerb und Transparenz bringt, verkrustete öffentliche Strukturen aufzubrechen.

Was gehört denn Ihrer Meinung nach in die öffentliche Hand?

Es gibt Situationen, in denen der Staat sogar eine größere Rolle spielen könnte. Wenn die Angst vor teuren Klagen im Raum steht, trauen sich private Investoren oft nicht an Projekte heran, und die öffentliche Hand sollte einspringen. Wir sollten beispielsweise bedeutend mehr Geld in neue Atomkraftwerke investieren, da diese Energie sauber und effizient ist und die Abhängigkeit von Ölimporten reduziert. Diese Aufgabe durch die öffentliche Hand anzugehen bietet Vorteile – sofern sich das politisch durchsetzen lässt. Eine private Investorengruppe müsste fürchten, bei einem Unfall in den Bankrott geklagt zu werden.

Sie sind jetzt 85 und noch immer sehr engagiert. Wollen Sie nicht irgendwann einmal kürzer treten?

Nein, ich arbeite gern noch viel, aber eher zurückgezogen. Die meiste Zeit verbringe ich in meinem Landhaus, wo ich meine E-Mails lesen kann und vier bis fünf Stunden am Tag schreibe. Im Moment habe ich drei Bücher in Arbeit. Das eine beschäftigt sich mit technischen Fragen der Public-Choice-Theorie. Ein weiteres Buch wird im Herbst erscheinen. Es trägt den Titel „Warum auch ich kein Konservativer bin“. Diese Sammlung von Vorlesungen lehnt sich bewusst an Friedrich von Hayeks klassisches Werk „Warum ich kein Konservativer bin“ an. Mein drittes Buch ist eine Sammlung von Aufsätzen aus den vergangenen 15 Jahren mit dem Titel „The Extent of the Market“. Ich sehe mir das Konzept des Freihandels aus der Perspektive von Adam Smith an, wonach die Größe eines Marktes vom Grad der Arbeitsteilung abhängt. Je größer und je offener eine Volkswirtschaft, desto mehr Spezialisierung gibt es und desto mehr Wachstum. Logisch durchdacht, gibt es keine Rechtfertigung, den nationalen oder internationalen Handel einzuschränken. Sie sehen: In Rente bin ich noch lange nicht. Das wäre ein schrecklicher Gedanke!

Zur Person

James Buchanan, Jahrgang 1919, gilt als geistiger Vater der Public-Choice-Theorie. Der gebürtige Südstaatler studierte während der Umbruchsperiode des Zweiten Weltkriegs in Tennessee und promovierte 1948 an der berühmten University of Chicago Business School. Als Nachwuchsakademiker lehrte und forschte Buchanan an der University of Virginia und an der University of California in Los Angeles.

Als Buchanan eine deutsche Ausgabe der in Vergessenheit geratenen Werke des schwedischen Verfassungs-Ökonomen Knut Wicksell aus dem späten 19. Jahrhundert entdeckte und ins Englische übersetzte, war bei ihm der Keim für die Public-Choice- Theorie gelegt, die er Ende der fünfziger Jahre mit seinem Kollegen Gordon Tullock zu formulieren begann.

Ihr Buch „The Calculus of Public Consent“ aus dem Jahr 1962 gilt als Meilenstein. Aus einer ersten Konferenz für interessierte Wirtschaftswissenschaftler und Politologen 1963, entstanden erst eine eigene Fachzeitschrift und schließlich ein Studiengang an der Universität von Rochester im Staat New York. Ende der sechziger Jahre richteten Buchanan und Tullock ein eigenes Forschungszentrum ein, das Center for Study of Public Choice, das 1983 an der George Mason University in Fairfax, Virginia seine permanente Bleibe fand.

Literatur

Kenneth Arrow: Social Choice and Individual Values. Yale University Press, 1970; 138 Seiten; 15,95 Euro

James Buchanan: Politics without Romance. In: Institut für Höhere Studien und Wissenschaftliche Forschung: IHS-Journal, 1979, Band 3, Heft 2; S. 1–11

Anne Krueger: The Political Economy of the Rent-Seeking Society. In: American Economic Review, 1974, Band 64, Heft 3; S. 291–303

Mancur Olson: The Rise and Decline of Nations. Yale University Press, 1984; 276 Seiten; 19 Dollar


Dieser Text stammt aus unserer Redaktion Corporate Publishing.